Der transatlantische Sklavenhandel in der frühen Neuzeit sowie die Routen der Schiffe, die diese Menschen einst über den Atlantik transportierten, sind gemeinsame Themen der internationalen Forschungs- und Digitalisierungsprojekte „Slave Voyages“ und „Prize Papers“.

Register versklavter Menschen aus dem Prize-Papers-Portal: Das Dokument von Bord des gekaperten französischen Schiffs "Abraham de Nantes" dokumentierte, in welchen Häfen zwischen Liberia und Benin die 304 versklavten Menschen an Bord gekauft worden waren. Bildquelle: Prize Papers Project, Referenz HCA 32/97/1 (image reproduced by permission of The National Archives, UK)
Register versklavter Menschen aus dem Prize-Papers-Portal: Das Dokument von Bord des gekaperten französischen Schiffs „Abraham de Nantes“ dokumentierte, in welchen Häfen zwischen Liberia und Benin die 304 versklavten Menschen an Bord gekauft worden waren. Bildquelle: Prize Papers Project, Referenz HCA 32/97/1 (image reproduced by permission of The National Archives, UK)

Im Tagebuch des österreichischen Seekadetten Josef Schellander kann man nachlesen, dass die österreichische Korvette „Carolina“, die 1857 und 1858 durch den Südatlantik reiste, immer wieder Schiffe im internationalen Anti-Sklavenhandel-Einsatz begegnete. Sowohl in Brasilien, wie auch in den portugisischen Kolonien in Westafrika trafen die Österreicher auf Sklaverei.

Die Datenbanken „Slave Voyages“ und „Prize Papers“, die historische Dokumente der Forschung und Öffentlichkeit zugänglich machen, werden zukünftig miteinander verknüpft. Ziel ist es, einen Überblick über Ausmaß und Rolle der subventionierten Kaperungen im System der Sklaverei zu gewinnen. Auch sollen bisher unbekannte, detaillierte Dokumente über den transatlantischen Sklavenhandel auf den verknüpften Plattformen verfügbar werden.

Die Kooperation vereinbarten Forschende der Projekte während eines Workshops an der Universität Oldenburg, Sitz des Akademienprojekts „Prize Papers“ in Zusammenarbeit mit den National Archives, UK. „Den Kreis unserer internationalen Partner erweitern wir damit um eines der aktuell renommiertesten Forschungs- und Datenbankprojekte weltweit“, sagte der Oldenburger Historiker Dr. Lucas Haasis, Forschungskoordinator im Prize-Papers-Team.

„Ziel ist es, ein umfassenderes Bild der historischen Hintergründe des Handels mit versklavten Menschen sowie einen Überblick darüber zu erhalten, welche Rolle Kaperungen und das Prisensystem als Teil der damaligen Kriegsführung im System der Sklaverei spielten.“

Hinter der digitalen Datenbank SlaveVoyages.org, derzeit betrieben an der Rice University in Houston, Texas (USA), steht eine Initiative aus verschiedenen Institutionen, die Dokumente und Objekte über den transatlantischen Sklavenhandel zusammenstellt und öffentlich zugänglich macht. Die Datenbank lässt sich durchsuchen, um mehr über die Herkunft und die erzwungene Verschleppung von mehr als zwölf Millionen afrikanischen Menschen zu erfahren, die in Sklavenschiffen über den Atlantik verschifft wurden.

Zudem lassen sich Erkenntnisse über Hunderttausende gewinnen, die innerhalb der Amerikas verschleppt wurden. Neben der Rice University sind etwa die University of California, die Emory University in Atlanta, Georgia, die Harvard University sowie das National Museum of African American History and Culture beteiligt.

Eine Delegation des Projekts „Slave Voyages“ war zum Workshop in Oldenburg angereist, daneben auch die IT-Partner des Prize-Papers-Projekts aus Göttingen. Projektmitarbeitende des britischen Nationalarchivs (The National Archives, UK), wo die „Prisenpapiere“ lagern, schalteten sich ebenso wie weitere US-Forschende online dazu.

Die Kaperungen gegnerischer Schiffe, sogenannte Prisen, waren einst legitimes Mittel der Kriegsführung. Seit 2018 katalogisiert und digitalisiert das Forschungsprojekt sämtliche Prisenpapiere („Prize Papers“), die aus Gerichtsprozessen zu Kaperungen der englischen beziehungsweise britischen Marine zwischen 1652 bis 1815 erhalten sind.

Finanziert wird das an der Universität Oldenburg sowie dem Nationalarchiv in London (The National Archives, UK) angesiedelte Vorhaben von der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen über das Akademienprogramm aus Mitteln von Bund und Land.

Das Projekt arbeitet eng mit dem Deutschen Historischen Institut London (DHI) und den IT-Experten der Göttinger Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) zusammen.

Insgesamt umfasst der Prisenpapier-Bestand in London Dokumente aus 14 Seekriegen, an denen die Krone beteiligt war und die zu mehr als 35.000 Kaperungen führten. Das englischsprachige Open-Access Portal soll bis 2037 rund 3,5 Millionen Digitalisate in 19 Sprachen bereitstellen.

Zahlreiche der im Portal erfassten Schiffe waren in den transatlantischen Handel mit versklavten Menschen verwickelt. Und hielt die englische Admiralitätsgerichtsbarkeit eine Kaperung für rechtmäßig, so wurden die an Bord befindlichen versklavten Menschen als vermeintlich feindliches Eigentum auf Auktionen verkauft.

„Auch das Prisensystem beförderte somit die Versklavung und die Verschleppung von vielen Tausenden afrikanischen Menschen, wobei das genaue Ausmaß dieser Aktivitäten noch unbekannt ist“, so Haasis.